Jochen W.
Jochen W.
aus 7332 Wien, Österreich
imkert seit 2012

Mich faszinieren die Bienen an sich: diese Komplexität, die Hierarchie und die Königin einerseits und das Mitspracherecht aller Bienen, die Harmonie andererseits. Da kann man nur den Hut ziehen vor der Leistung von so kleinen Lebewesen.

Hallo! Ich bin Jochen

Ich betreue 27 Bienenstöcke seit 2012.
Über mich

Was gefällt dir an der Imkerei? Was sind die größten Herausforderungen beim Imkern?

Für mich ist die Faszination an diesem kleinen Lebewesen der Grund, dass ich immer noch dabei bin. Mich faszinieren die Bienen an sich: diese Komplexität, die Hierarchie und die Königin einerseits und das Mitspracherecht aller Bienen, die Harmonie andererseits. Da kann man nur den Hut ziehen vor der Leistung von so kleinen Lebewesen.

Stell dich doch kurz vor! Wie bist du zur Imkerei gekommen? Seit wann imkerst du?

Ich habe mir eigentlich fast alles selbst beigebracht. Mit vielen schlaflosen Nächten und mit vielen Büchern. Anschließend habe ich aber natürlich auch die komplette Ausbildung gemacht und schließe im Herbst 2018 den Facharbeiter ab. Der beste Tipp: Lernen durch Beobachten. Ich bin jetzt schon so weit, dass ich nicht mehr als drei bis vier Eingriffe im Jahr am Volk machen muss und das ist die große Kunst. So wenig wie möglich. Das geht aber nicht von heute auf morgen. In meine ersten drei Stöcke habe ich jede Woche reingeschaut. Ich habe dieses Jahr keine einzige Königin gesucht oder gesehen – ich weiß, dass sie da sind. Ich schaue, ob Zellen da sind, aber ich zerlege nicht den Stock von vorne bis hinten auf der Suche nach der Königin. Das habe ich auch gemacht am Anfang. Wer zu oft reinschaut, schadet den Bienen mehr als ihnen etwas Gutes zu tun. Ich habe durch einen Altimker, der beste Freund von meinem Opa, mit der Imkerei im Jahr 2012 begonnen. Richard hat mit 85 Jahren mit der Imkerei aufgehört. Damals hat er mich gefragt, ob ich nicht mit den Bienen arbeiten möchte, weil ich ein Grundstück habe. Aber so einfach geht das nicht, habe ich gedacht. Aber die Männer inklusive dem Pfarrer haben mir ihre Hilfe angeboten. Von Richard habe ich meine ersten drei Völker bekommen. Heute habe ich sechs Standorte, von denen ich aktiv drei benutze, und 27 Bienenstöcke. Er war froh, dass es jemand weiter macht und für mich war und ist es eine riesen Bereicherung für den Garten.

Interview

Welche ist die größte Herausforderung für ImkerInnen?

Die größte Herausforderung meines Erachtens ist es, die Angst abzulegen bei der Arbeit am Bienenstock. Das ist am Anfang natürlich. Am Anfang habe ich ja auch begonnen mit Schutzanzug, Smoker und Handschuhen. Die größte Herausforderung war damals oder ist es jetzt nach wie vor immer, auf die eigenen Fähigkeiten zu vertrauen, ruhig zu arbeiten und nur dann zum Bienenstock zu gehen, wenn man selber auch die Ruhe hat. Sonst bringt es nichts. Wenn du diese Sicherheit hast, gibt es dir auch so viel mehr. Natürlich kriegst du ein, zwei Stiche ab, das passiert immer wieder. Wenn du nicht gestochen werden möchtest, ist die Imkerei das Falsche. Das wäre wie ein Motocross-Fahrer, der nicht stürzen will. Dann ist man da auch falsch. Mit den Handschuhen habe ich mehr Bienen getötet als ohne. Wenn ich ohne arbeite und eine Biene berühre, merke ich einen Widerstand, lasse sofort los, es passiert nichts – ohne Handschuhe kannst du viel feiner Arbeiten. Bienen spüren deine Unruhe. Das Größte für mich war dieser Wow-Effekt, als ich das erste Mal ohne Handschuhe gearbeitet habe. Seither ist es ganz toll und unbeschreiblich.

Ältere ImkerInnen sollen angeblich ungern ihr Wissen teilen. Was denkst du darüber?

Ich glaube, das liegt daran, weil man sich selbst einfach unsicher ist, mit dem Wissen, das man hat und nicht weiß, ob es stimmt und dann sich einfach nicht die Blöße geben will. Ich habe das auch selbst gemerkt, dass mir sehr wenige Imker, Wissen weitergegeben haben, weil sie Angst haben, dass man ihren Status, den sie haben, weil sie 20 Jahre oder länger in der Imkerei sind, dann verlieren. Aber das ist ja ein Blödsinn. Egal ob du das 30 Jahre machst oder ein paar Jahre, es ändert sich laufend so viel. Es ist jetzt alles anders mit der Temperaturerhöhung. Du musst dich ständig informieren. Meine Lieblingsbücher sind die Monatsbücher, wo jeder Monat mit den Arbeitsschritten beschrieben wird. Aber das kannst du jetzt wegwerfen, weil es nicht mehr stimmt. Bücher sind zwar gute Unterstützung, aber du musst einfach die Augen aufmachen, musst draußen schauen, was passiert. Ich erzähle jedem gerne alles, was ich mache. Es ist eben auf mein System bezogen, ich kann erzählen wie ich mit dem System arbeite, wann ich was mache. Aber ich kann nicht sagen, wann ich aufstocke nächstes Jahr, weil das jedes Jahr anders ist. Ich kann nur sagen welche Arbeitsschritte ich mache. Ich glaube, manche trauen sich nicht ihr Wissen weiterzugeben oder ehrlich zu sein, bei den Verlusten, weil es eine Ego-Sache ist. Imker glauben, wenn sie ehrlich angeben, wie viele Völker gestorben sind, hieße es, sie seien selbst schuld. Mir sind letztes Jahr auch Völker gestorben, das war durch mein Verschulden. Ich habe falsch zugefüttert. Ich hätte einmal im Januar nachschauen müssen, habe ich nicht gemacht, weil ich mich nicht getraut habe, weil es geheißen hat, im Januar schaust du nicht nach, obwohl es Plusgrade gehabt hat. Hätte ich nachgeschaut und zwei Waben umgeschlichtet, hätte das Volk überlebt. Nächstes Jahr werde ich auf jeden Fall, wenn ich mir nicht sicher bin, nachschauen, wenn die Temperaturen passen. Wenn sie durch die Varroa sterben, dann hast du was falsch gemacht. Es kann nicht sein, dass dir jedes Jahr die Bienen wegsterben.

Die Anzahl der ImkerInnen steigt. Die Anzahl der Bienenvölker nicht. Was ist deiner Meinung nach der Grund?

Irgendwann ist das Limit erreicht, und du kannst als Imker nicht mehr machen. Ich habe nur die Ressourcen für 27 Stöcke. Ich würde gerne mehr machen, nur müsste ich wieder in Gerätschaften investieren. Das ist alles mit Kosten verbunden und dadurch kann ich nicht mehr machen. Aber nicht nur wegen der Kosten, sondern auch wegen dem Arbeitsaufwand und Lagermöglichkeiten.

Wie viel sollte ein Kilo Honig deiner Meinung nach kosten?

Naja, wenn der Manuka-Honig 80 Euro kostet, dann sollten wir unseren auch um das Gleiche verkaufen. Warum nicht? Nirgends gibt es so eine geringe Wertschätzung wie bei uns. Das liegt auch an den Imkern, denen das Selbstbewusstsein fehlt. In Neuseeland haben sich die Imker zusammengeschlossen und verkaufen nicht billiger. Ihr Manuka-Honig ist ja gefragt auf der ganzen Welt. Und wir verschleudern unser kostbares Gut in Österreich. Das Umdenken wird nicht von heute auf morgen passieren.

Gibt es ein Bienensterben oder nicht? Begründe bitte deine Meinung.

Definitiv gibt es das, besonders wegen der ganzen Spritzmittel, die auch jetzt wieder zugelassen worden sind. Also nach wie vor. Wie gesagt, der Imker kann halt nur so gegensteuern, dass er schaut, wo er seine Bienen hinstellt. Natürlich muss der Erwerbsimker da anders denken. Der muss schauen, wo die Tracht ist und das geht halt oft Hand in Hand mit der Landwirtschaft. Leider ist man eigentlich wieder einen Schritt zurückgegangen statt vorwärts.

Wie sieht sinnvoller Bienenschutz aus?

Ich kann nicht von anderen erwarten, dass sie was für meine Bienen machen. Es hängt viel vom Standplatz ab. Ich suche mir keine Standplätze in der Nähe von Landwirtschaft aus, damit sie nicht mit Spritzmitteln in Berührung kommen. Das ist nicht die Schuld vom Bauern, sondern das ist meine Verantwortung. Im Privaten ist das Bewusstsein für bienenfreundliche Pflanzen groß. Es gibt aber auch Firmen, die Bienenweiden unterstützen wollen. Es wäre sehr schön, wenn mehr Menschen regionalen Honig kaufen und das Bewusstsein entwickeln, was Honig wert ist. Wie wäre es, wenn Städte, Privatpersonen und auch Unternehmen Honig als Weihnachtsgeschenk für ihre Bewohner, Mitarbeiter oder Kunden kaufen? Etwas Sinnvolles schenken, statt dem Kugelschreiber.

Was empfiehlst du ImkerInnen, die neu beginnen?

Viele investieren zu wenig Zeit in die Ausbildung und muten sich zu viel zu und glauben immer, es geht höher, schneller, weiter und beobachten stattdessen zu wenig. Das Um und Auf ist das Flugloch. Wenn du ein gutes Auge hast, weißt du, was Innen passiert. Durch Heben weiß ich, wie stark das Volk ist. Wenn du das einmal kannst, dann bist du bereit für mehr Völker. Bis auf die Varroa-Behandlung und das gescheite Zufüttern nach der Honigernte brauchen die Bienen uns gar nicht. Wenn du das machst, egal mit welchem System, dann hast du keine Varroa-Verluste. Man muss sich im Klaren darüber sein, was man überhaupt will. Hat man überhaupt die Gegebenheiten und die Zeit? Das unterschätzen viele. Du musst dich fragen, warum du Bienen halten möchtest. Ich habe es eigentlich gemacht, weil ich einen großen Garten habe, viele Bäume, einen Gemüsegarten. Ich wusste, dass ich durch die Bestäubung profitiere. Du merkst es einfach, wie alles in deinem Garten und in den umliegenden Gärten aufblüht. Ich habe und brauche keinen grünen Daumen, weil ich die Bienen habe. Um Geld zu verdienen, würde ich nicht mit der Imkerei beginnen. Da gibt es bessere Möglichkeiten. Es ist auch nicht immer leicht, man hat auch sehr viele Rückschläge gerade am Anfang. Wenn diese Zeit überbrückt ist, dann öffnen die Bienen dir ein Tor in die Natur.

Was denkst du über Hektar Nektar?

Ich finde es eine tolle Sache, dass Leute, die wenig Bezug zu Bienen haben wie du und dein Bruder, die aus einer ganz anderen beruflichen Richtung kommen, wo sie sich gut auskennen, ihr Know-How zur Verfügung stellen, um die Imker zu unterstützen. Das ist eine super Ergänzung. Ein guter Imker ist oft kein guter Geschäftsmann oder guter Verkäufer. Wenn da jetzt jemand ist, der von der Seite kommt, kann man davon nur profitieren. Es wäre toll, wenn die Leute durch Hektar Nektar ein größeres Bewusstsein bekommen und wegkommen vom Supermarkt-Honig hin zu den kleinen Imkern. Honig von kleinen Imkereien ist qualitativ ein Zehnfaches oder Hundertfaches besser, aber eben teurer. Honig hat nach wie vor einen ganz schlechten Stellenwert. Das Kilo Manuka-Honig verkaufst du um 80 Euro, das Kilo normalen Honig im Schnitt um 10 Euro. Da fehlt es mir an Verständnis. Es wäre schön, wenn ihr da etwas machen könnt. Es kommt darauf an, dass du weißt, wer deinen Honig gemacht hat und woher er kommt. Auch ohne Bio-Zertifikat kann das ein toller Honig sein.

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