Wachsgewinnung - duftende Winterarbeit
Im Winter schlafen die Bienen. Naja, sie fliegen zumindest nicht, weil sie bei den Temperaturen ruckzuck auskühlen und dann sterben würden. Außerdem gibt es draußen eh noch nichts zu sammeln, außer vielleicht ein wenig Wasser. Also halten die Damen sich gegenseitig in ihrer kuscheligen Wintertraube warm, fangen vielleicht schon langsam an wieder ein kleines Brutnest zu pflegen und fliegen ansonsten unter dem Radar der Imkerin.
Aber keine Sorge, mir wird nicht langweilig – der Winter ist die Zeit der Nachbereitung der vergangenen und der Vorbereitung der kommenden Saison. Jetzt im Januar hatte ich endlich Zeit die alten Waben aus meinen Bienenvölkern einzuschmelzen. Normalerweise hätte ich das schon etwas früher gemacht, aber hier war es noch bis spät ins letzte Jahr warm genug für Bienenflug, so dass ich beim Einschmelzen reichlich Gesellschaft bekommen hätte. Denn der Duft von warmem Wachs, am besten noch mit Honigresten, wirkt auf die Damen wie ein Magnet und meine „Schmelzküche“ ist nicht bienendicht.
Aber warum Wachs schmelzen? Den Großteil des Wabenwerkes lasse ich zwar meine Bienen selbst bauen. So können sie entscheiden, ob sie kleine Zellen für Honig oder Arbeiterinnenbrut brauchen, oder größere für Drohnenbrut (Drohnen sind die Jungs, die im Frühjahr die neuen Prinzessinnen begatten) und wo sie was unterbringen wollen. Dadurch sinkt zwar der Honigertrag, denn die Wachsproduktion kostet nicht unerheblich Energie, dafür dürfen die Bienen aber naturnäher leben und ich habe keinen Ärger mit verfälschtem Wachs. Trotzdem brauche ich teilweise auch sogenannte Mittelwände. Das sind diese Wachsplatten mit Wabenmuster, die man auch von gerollten Bienenwachskerzen kennt. Zum einen nutze ich schmale Streifen davon als Leitwachsstreifen an den Holzträgern, die jeweils oben in jeder Zarge (= stapelbare Bienenkiste) liegen, damit die Bienen hoffentlich entlang der Wachsstreifen in die von mir geplante parallele Richtung bauen. Sonst kann es schwierig werden die Labyrinthe des sogenannten Wildbaus zu kontrollieren oder zu beernten, wenn die Damen alles „querverstrebt“ haben. Zum anderen nutze ich ganze Mittelwände im Honigraum, damit die Bienen bei Massentrachten genügend Stauraum in der Vorratskammer zur Verfügung haben und den Nektar nicht aus der Not heraus in der Kinderstube einlagern und es dann für die Brut eng wird.
Damit gibt es auch zwei Sorten Wachs, die ich separat einschmelze. Das Wachs aus den Waben mit Mittelwänden wird nämlich anschließend nicht wieder an die Bienen zurückgegeben, sondern wandert in die Kerzenproduktion oder in den selbstgemachten Schutzanstrich für die Bienenhäuser. Das Wachs der reinen Naturbauwaben lasse ich zu neuen Mittelwänden umarbeiten und verhindere so, dass sich auf Dauer Rückstände von unerwünschten Stoffen im Wachs und damit vielleicht auch im Honig anreichern.
Geschmolzen wird bei mir in einem Dampfwachsschmelzer, der wie der Name sagt, das Wachs mit heißem Wasserdampf aus den Waben schmilzt. Flüssiges Wachs und heißes Wasser laufen dann in einen Eimer, wo das ganze möglichst langsam abkühlt, so dass sich Verunreinigungen auf der Unterseite des Wachsblocks absetzen und nach dem Erkalten dort abgekratzt werden können. Im Schmelzer selber bleibt der Trester übrig, hauptsächlich pergamentartige Häutchen in Wabenform, die aus bebrüteten Waben stammen. Der Trester wird entsorgt und der Wachsblock in der Regel noch ein zweites Mal eingeschmolzen und langsam abgekühlt, um möglichst reines Wachs zu erhalten.
Und jetzt ab in die Post, damit bald die neuen Rähmchen und Leisten für die kommende Saison vorbereitet werden können ;)